Colditz in der Zeit des Nationalsozialismus
Von 1933 bis 1945 galt die Stadt Colditz als eine „Hochburg der nationalsozialistischen Bewegung“.
Die NSDAP-Kreisleitung des Kreises Grimma richtete ihren Sitz in Colditz ein. Colditzer Faschisten versuchten, die Bedeutung der Stadt hervorzuheben. Dadurch wurde die Stadt letztlich in alle Verbrechen während der NS-Herrschaft verwickelt.
In der Nacht vom 31. Juli zum 1. August 1932 wurde in der Nähe des Tiergartentores in Colditz der mit der KPD sympathisierende Arbeiter Kurt Böhme während einer gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen Anhängern der NSDAP einerseits und der KPD und SPD andererseits erschossen. Doch Böhmes Tod war nicht nur das Ergebnis einer der häufig gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen diesen politischen Lagern, er war auch Ausdruck des bis selbst noch an diesem Tag geführten „Wahlkampfes“. Tagsüber war ein neuer Reichstag gewählt worden, und die NSDAP konnte ihr bestes Wahlergebnis vor der Machtübernahme 1933 erreichen.
In Colditz konnte dieser Sieg nicht überraschen, denn im ganzen Wahlbezirk war die NSDAP seit 1930 bei allen Wahlen die politisch stärkste Kraft.
Bereits 1922 war in Colditz eine Ortsgruppe der NSDAP gegründet worden. Sie gehörte zu den ersten sieben in Sachsen. Einer der Gründer war der spätere Kreisleiter der NSDAP im Kreis Grimma, Otto Naumann, seit 1930 Mitglied des sächsischen Landtags und seit 1935 Mitglied im Reichstag. Durch diese frühe Gründung begriffen die Nationalsozialisten Colditz als „Hochburg der Bewegung“, und Naumann versuchte nach 1933 alles, um „seiner“ Stadt den Rang einer Kreisstadt zukommen zu lassen.
Nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler konzentrierte sich die örtliche NSDAP zunächst auf den „Wahlkampf“ für eine am 5. März 1933 erneut stattfindende Wahl zum Deutschen Reichstag. Zeitgleich wurden politische Gegner, insbesondere die KPD, von Polizei und Gendarmerie verfolgt.
Mit dem Ausbruch der „nationalen Revolution“ am 8. März 1933 konnten auch die Colditzer Nationalsozialisten ihrem Machtrausch freien Lauf lassen. Neben der Besetzung verschiedener örtlicher Einrichtungen nahm man vor allem Sozialdemokraten fest und hielt sie einige Zeit im Schloss gefangen – die aktiven örtlichen Kommunisten waren schon vor dem 5. März verhaftet worden.
Die NSDAP-Kreisleitung des Kreises Grimma richtete ihren Sitz in Colditz ein. Colditzer Faschisten versuchten, die Bedeutung der Stadt hervorzuheben. Dadurch wurde die Stadt letztlich in alle Verbrechen während der NS-Herrschaft verwickelt.
In der Nacht vom 31. Juli zum 1. August 1932 wurde in der Nähe des Tiergartentores in Colditz der mit der KPD sympathisierende Arbeiter Kurt Böhme während einer gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen Anhängern der NSDAP einerseits und der KPD und SPD andererseits erschossen. Doch Böhmes Tod war nicht nur das Ergebnis einer der häufig gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen diesen politischen Lagern, er war auch Ausdruck des bis selbst noch an diesem Tag geführten „Wahlkampfes“. Tagsüber war ein neuer Reichstag gewählt worden, und die NSDAP konnte ihr bestes Wahlergebnis vor der Machtübernahme 1933 erreichen.
In Colditz konnte dieser Sieg nicht überraschen, denn im ganzen Wahlbezirk war die NSDAP seit 1930 bei allen Wahlen die politisch stärkste Kraft.
Bereits 1922 war in Colditz eine Ortsgruppe der NSDAP gegründet worden. Sie gehörte zu den ersten sieben in Sachsen. Einer der Gründer war der spätere Kreisleiter der NSDAP im Kreis Grimma, Otto Naumann, seit 1930 Mitglied des sächsischen Landtags und seit 1935 Mitglied im Reichstag. Durch diese frühe Gründung begriffen die Nationalsozialisten Colditz als „Hochburg der Bewegung“, und Naumann versuchte nach 1933 alles, um „seiner“ Stadt den Rang einer Kreisstadt zukommen zu lassen.
Nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler konzentrierte sich die örtliche NSDAP zunächst auf den „Wahlkampf“ für eine am 5. März 1933 erneut stattfindende Wahl zum Deutschen Reichstag. Zeitgleich wurden politische Gegner, insbesondere die KPD, von Polizei und Gendarmerie verfolgt.
Mit dem Ausbruch der „nationalen Revolution“ am 8. März 1933 konnten auch die Colditzer Nationalsozialisten ihrem Machtrausch freien Lauf lassen. Neben der Besetzung verschiedener örtlicher Einrichtungen nahm man vor allem Sozialdemokraten fest und hielt sie einige Zeit im Schloss gefangen – die aktiven örtlichen Kommunisten waren schon vor dem 5. März verhaftet worden.
Am 21. März 1933 wurden dann die ersten Schutzhäftlinge in das Schloss über der Stadt gebracht. Schloss Colditz wurde in der Kreishauptmannschaft (1) Leipzig der zentrale Ort für die Unterbringung von Schutzhäftlingen. Dabei wurde zuerst alles improvisiert. Selbst das Personal bestand aus zu Hilfspolizisten ernannten SA- und SS-Leuten. Ab Mai 1933 wurden viele lokale, kleinere, „wilde“ Konzentrationslager aufgelöst und die Gefangenen nach Colditz verlegt.
Anfang 1934 sollte das „Verwahrlager“, wie KZ zu jener Zeit im offiziellen Sprachgebrauch hießen, aufgelöst werden. Doch dieser Prozess verzögerte sich bis August 1934, da zuerst ein Prestigebau der Colditzer NSDAP, das Gebäude der Kreisleitung am Albertplatz, mit Hilfe der im Schloss inhaftierten Schutzhäftlinge zu Ende geführt wurde. Die Zustimmung dazu hatte sich Kreisleiter Naumann bei „König Mu“, dem Gauleiter der NSDAP Sachsen, Martin Mutschmann, eingeholt, der am 5. November 1934 Colditz besuchte und an der Einweihung des Gebäudes teilnahm. Die Schutzhäftlinge wurden in das KZ Sachsenburg überstellt.
Das Schloss wurde danach einige Zeit von der NSDAP zur ideologischen Schulung von NSDAP-Funktionären genutzt. Zum Programm gehörten u.a. Patientenvorstellungen in der benachbarten Landesanstalt Zschadraß, deren Ziel es war, die Lehrgangsteilnehmer von der „Notwendigkeit“ der „Rassenhygiene“ zu überzeugen. Nachweislich setzte die Landesanstalt ab 1937 die Theorie der nationalsozialistische „Rassenhygiene“ praktisch in die Tat um. Die Zahl der Sterbefälle in der Anstalt stieg damit rapide an, weil die Kranken als „nutzlose Esser“ nicht mehr ausreichend versorgt wurden. Im Rahmen der Aktion T4 war Zschadraß auch Zwischenstation für Geisteskranke auf dem Weg zur Ermordung in Pirna-Sonnenstein. Das Standesamt der Stadt Colditz registrierte zwischen 1937 und 1941 etwa 1000 Todesfälle, darunter mindestens einen Transport aus Thüringen nach Pirna-Sonnenstein.
In der „Zeigner-Zeit“, also unter dem sächsischen Innenminister Erich Zeigner, wurde gegen die NSDAP-Ortsgruppe Colditz wegen judenfeindlicher Veröffentlichungen durch die Politische Polizei ermittelt. Das war 1923. Dieses Verfahren wurde zwar „gerichtsreif“, aber beim Colditzer Amtsgericht verlief die Sache im Sand. Als nach 1933 der Antisemitismus offizielle Staatspolitik geworden war, verliefen die Maßnahmen gegen die in der Stadt wohnhaften Juden allerdings ohne größeres Aufsehen. Die schon lange in Colditz ansässige Familie Nussbaum wurde aus ihrem Haus am Markt gedrängt und ihr Modegeschäft musste einem Klempnerladen weichen. Der neue Ladeninhaber, Kreisleiter Otto Naumann, übernahm das Geschäft im Dezember 1938. Die beiden Colditzer Familien – Nussbaum und Besser – mussten nach Leipzig in „Judenhäuser“ ziehen, von wo aus sie während der „Endlösung der Judenfrage“ deportiert wurden.
Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs erfuhr das Schloss wieder eine stärkere Nutzung. Es wurde zum Kriegsgefangenenlager umfunktioniert, zuerst als Gefangenenlager für polnische Offiziere. Später wurden in das als „ausbruchssicher“ geltende OFLAG IV C prominente militärische Gefangene und Offiziere eingeliefert, die bereits mehrfach Fluchten versucht hatten.
Anfang 1934 sollte das „Verwahrlager“, wie KZ zu jener Zeit im offiziellen Sprachgebrauch hießen, aufgelöst werden. Doch dieser Prozess verzögerte sich bis August 1934, da zuerst ein Prestigebau der Colditzer NSDAP, das Gebäude der Kreisleitung am Albertplatz, mit Hilfe der im Schloss inhaftierten Schutzhäftlinge zu Ende geführt wurde. Die Zustimmung dazu hatte sich Kreisleiter Naumann bei „König Mu“, dem Gauleiter der NSDAP Sachsen, Martin Mutschmann, eingeholt, der am 5. November 1934 Colditz besuchte und an der Einweihung des Gebäudes teilnahm. Die Schutzhäftlinge wurden in das KZ Sachsenburg überstellt.
Das Schloss wurde danach einige Zeit von der NSDAP zur ideologischen Schulung von NSDAP-Funktionären genutzt. Zum Programm gehörten u.a. Patientenvorstellungen in der benachbarten Landesanstalt Zschadraß, deren Ziel es war, die Lehrgangsteilnehmer von der „Notwendigkeit“ der „Rassenhygiene“ zu überzeugen. Nachweislich setzte die Landesanstalt ab 1937 die Theorie der nationalsozialistische „Rassenhygiene“ praktisch in die Tat um. Die Zahl der Sterbefälle in der Anstalt stieg damit rapide an, weil die Kranken als „nutzlose Esser“ nicht mehr ausreichend versorgt wurden. Im Rahmen der Aktion T4 war Zschadraß auch Zwischenstation für Geisteskranke auf dem Weg zur Ermordung in Pirna-Sonnenstein. Das Standesamt der Stadt Colditz registrierte zwischen 1937 und 1941 etwa 1000 Todesfälle, darunter mindestens einen Transport aus Thüringen nach Pirna-Sonnenstein.
In der „Zeigner-Zeit“, also unter dem sächsischen Innenminister Erich Zeigner, wurde gegen die NSDAP-Ortsgruppe Colditz wegen judenfeindlicher Veröffentlichungen durch die Politische Polizei ermittelt. Das war 1923. Dieses Verfahren wurde zwar „gerichtsreif“, aber beim Colditzer Amtsgericht verlief die Sache im Sand. Als nach 1933 der Antisemitismus offizielle Staatspolitik geworden war, verliefen die Maßnahmen gegen die in der Stadt wohnhaften Juden allerdings ohne größeres Aufsehen. Die schon lange in Colditz ansässige Familie Nussbaum wurde aus ihrem Haus am Markt gedrängt und ihr Modegeschäft musste einem Klempnerladen weichen. Der neue Ladeninhaber, Kreisleiter Otto Naumann, übernahm das Geschäft im Dezember 1938. Die beiden Colditzer Familien – Nussbaum und Besser – mussten nach Leipzig in „Judenhäuser“ ziehen, von wo aus sie während der „Endlösung der Judenfrage“ deportiert wurden.
Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs erfuhr das Schloss wieder eine stärkere Nutzung. Es wurde zum Kriegsgefangenenlager umfunktioniert, zuerst als Gefangenenlager für polnische Offiziere. Später wurden in das als „ausbruchssicher“ geltende OFLAG IV C prominente militärische Gefangene und Offiziere eingeliefert, die bereits mehrfach Fluchten versucht hatten.
ZwangsarbeiterInnen in Colditz
Am anderen Ende der Stadt, in der Muldenaue am Westufer, befanden sich die Werke der Steingutfabrik Colditz AG, „Aktie“ genannt. Ab 1940 waren hier zuerst polnische Fremdarbeiter und Kriegsgefangene eingesetzt. Je weiter der Krieg in Europa um sich griff, umso mehr fremde Sprachen waren in der nationalsozialistischen deutschen Hochburg zu hören. West-, Süd- und Osteuropäer, egal ob als Zivilsten oder Kriegsgefangene, kamen nach Colditz. Im Umgang zwischen den Beschäftigten wurde Wert darauf gelegt, dass die sogenannte deutsche Herrenrasse „Würde und Abstand“ zu den „Fremdvölkischen“ wahrte. Unterbringung und Arbeitsbedingungen waren entsprechen gestaltet. Während sich Westeuropäer frei in der Stadt bewegen durften, unterlagen Ostarbeiter und Polen strengen Verhaltensvorschriften. Die lange Zeit unterste Gruppe in dieser Hierarchie, die sowjetischen Kriegsgefangenen, hatten ihr Gefangenenlager im Südwerk der Aktie. 14 von ihnen starben zwischen Ende 1941 und Ende 1944, drei davon wurden „auf der Flucht erschossen“ und auf dem Colditzer Friedhof begraben.
Im Herbst 1944 kamen schließlich wieder KZ-Häftlinge nach Colditz, um im Südwerk der Steingutfabrik einen Rüstungsbetrieb einzurichten.
Text: Wolfgang Heidrich, 2012
1 Kreishauptmannschaft: Die sächsische Verwaltung war bis 1939 in Kreis- und Amtshauptmannschaften eingeteilt. Während die Amtshauptmannschaften mit den Kreisen vergleichbar waren, entsprachen die Kreishauptmannschaften den späteren Regierungsbezirken. Die Kreishauptmannschaft Leipzig umfasste 1933 den Bereich der Stadt, die Amtshauptmannschaften Borna, Döbeln, Grimma, Leipzig, Oschatz und Rochlitz sowie die selbständigen Städte Döbeln, Mittweida und Wurzen.
Am anderen Ende der Stadt, in der Muldenaue am Westufer, befanden sich die Werke der Steingutfabrik Colditz AG, „Aktie“ genannt. Ab 1940 waren hier zuerst polnische Fremdarbeiter und Kriegsgefangene eingesetzt. Je weiter der Krieg in Europa um sich griff, umso mehr fremde Sprachen waren in der nationalsozialistischen deutschen Hochburg zu hören. West-, Süd- und Osteuropäer, egal ob als Zivilsten oder Kriegsgefangene, kamen nach Colditz. Im Umgang zwischen den Beschäftigten wurde Wert darauf gelegt, dass die sogenannte deutsche Herrenrasse „Würde und Abstand“ zu den „Fremdvölkischen“ wahrte. Unterbringung und Arbeitsbedingungen waren entsprechen gestaltet. Während sich Westeuropäer frei in der Stadt bewegen durften, unterlagen Ostarbeiter und Polen strengen Verhaltensvorschriften. Die lange Zeit unterste Gruppe in dieser Hierarchie, die sowjetischen Kriegsgefangenen, hatten ihr Gefangenenlager im Südwerk der Aktie. 14 von ihnen starben zwischen Ende 1941 und Ende 1944, drei davon wurden „auf der Flucht erschossen“ und auf dem Colditzer Friedhof begraben.
Im Herbst 1944 kamen schließlich wieder KZ-Häftlinge nach Colditz, um im Südwerk der Steingutfabrik einen Rüstungsbetrieb einzurichten.
Text: Wolfgang Heidrich, 2012
1 Kreishauptmannschaft: Die sächsische Verwaltung war bis 1939 in Kreis- und Amtshauptmannschaften eingeteilt. Während die Amtshauptmannschaften mit den Kreisen vergleichbar waren, entsprachen die Kreishauptmannschaften den späteren Regierungsbezirken. Die Kreishauptmannschaft Leipzig umfasste 1933 den Bereich der Stadt, die Amtshauptmannschaften Borna, Döbeln, Grimma, Leipzig, Oschatz und Rochlitz sowie die selbständigen Städte Döbeln, Mittweida und Wurzen.